Der nächste Crash als Chance – Ein Resumee
Am 07.02.2020 besuchten Dag Schulze, Jörg Hohwiller und Marc Sierszen die Tagung Der nächste Crash als Chance in Berlin.
Auch wenn in dem Titel eine gewisse Negativität mitschwingt und obwohl der Eintrittspreis bei über hundert Euro lag, war diese Tagung gut besucht und von sehr viel positiver Energie begleitet. Fernab des „Weiter-so“ haben kluge, kritische Köpfe überlegt und diskutiert, wie und was man besser machen kann, um eine weitere Immobilen-/ Finanz-/ Bankenkrise in der 2007/08 erlebten Schwere verhindern zu können.
Den Auftakt mit einer starken positiven Rede machte Lino Zeddies, Mitglied des Netzwerkes Plurale Ökonomik und Initiator der Tagung. Seine wichtigste Botschaft: Wir müssen alle an einem Strang ziehen. Es geht nicht darum, wessen Idee die bessere oder die „richtige“ ist. Alle haben gute Ideen und Argumente dafür, um Probleme auf eine bestimmte Art anzugehen. Es gilt aber die Kräfte zu bündeln, um etwas zu erreichen.
Prof. Dr. Dr. Helge Peukert, der in Siegen den Masterstudiengang für „Plurale Ökonomik“ mit aufbaute, hat in kürzester Zeit viele Argumente präsentiert, warum die Krise nicht abgewendet, sondern nur aufgeschoben wurde. Geldschwemme durch die EZB, fragwürdige Finanzprodukte, die unter anderem Name zurückkommen, Regulierungen, die rückgängig gemacht wurden, die Megamaschine aus Wirtschaft, Politik, Medien und Banken, die den Status Quo zementiert, um nur einige zu nennen.
Marc Friedich, Autor diverser Sachbücher, u.a. „Der größte Crash aller Zeiten“, durfte als „Untergangsprophet“ die Zukunft schwarz malen und hat den nächsten Crash für 2023 vorhergesagt. Als Contrapunkt reiste Anna Reisch (Netzwerk Plurale Ökonomik) aus dem Jahr 2048 zu uns in die Vergangenheit zurück und malte im Interview mit Lino Zeddies ein positives Bild der Zukunft, in der wir unsere Egos und Dogmas beiseite gelassen haben und unsere Wirtschaft positiv für Mensch und Umwelt umgestaltet haben.
Bei einer Podiumsdiskussion mit Reinhard Loske, Brigitte Young und Hannes Böhm ging es auch sehr kritisch zur Sache. Dort wurde u.a. der „New green deal“ und die in Mode gekommene „Sustainable Finance“ als „das Gleiche in grün“ tituliert. Auch hier war der einhellige Tenor, dass trotz scheinbarer Zugeständnisse alles ohne Änderungen weiter läuft und nur oberflächlich schön geredet wird.
Es gab insgesamt 8 Foren, in denen die verschiedensten Themen von Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Lehre diskutiert wurden. Daneben war auf der Tagung viel Zeit zwischen den Foren und Vorträgen – ganz bewusst so gestaltet – um Raum für Vernetzung und den lebhaften Austausch, der entsteht, wenn Aussagen in den Raum gestellt werden und verschiedene Ansichten aufeinander treffen.
Die letzte Diskussionsrunde mit Emanuel Mönch, Dorothea Schäfer, Jakob von Weizsäcker dürfte sich kaum Diskussionsrunde nennen, entlarvte sich doch – so war unter vielen die subjektive Wahrnehmung – hier die von Helge Peukert angeprangerte Megamaschine selbst, indem die von vom Podium einhellig geteilte Meinung geäußert wurde, dass man jetzt alles im Griff hätte und die Banken stabiler wären, als vor der Krise. Dies wurde mit höherem Eigenkapital, stärkerer Regulierung und den Hebeln und dem Willen der EZB zur Stabilisierung begründet wurde. Die Ursachen für den Ausbruch wurden nicht diskutiert. Die Eintönigkeit des „alles bestens“ wurde nur durch den Moderator Gerhard Schick (Finanzwende.de) durchbrochen, der die Rolle des Kritikers in der Runde übernehmen musste. U.a. stellte er die „Machtfrage“, wer das Land regierte, ob es tatsächlich die Regierung ist, oder diese nur eine Marionette des Wirtschafts und Finanzsektors sei.
Zum Abschluss sprach noch einmal Lino Zeddies. Er versuchte die im Raum fühlbare Enttäuschung und Ohnmacht über das Abschlusspodium mit Energie zu füllen. Dass wir etwas ändern können, wenn wir daran arbeiten. Er betonte noch einmal, dass das Finanzsystem falsche, schlechte Anreize setzt und stellt auch noch mal in den Raum, ob die Machtfrage nicht doch geklärt werden müsste.
Eine gelungene Tagung finden Dag Schulze, Jörg Hohwiller und Marc Sierszen. Den Beitrag möchten wir mit dem selben Zitat von Willy Brandt schliessen, das auch Lino Zeddies nutzte, um die Tagung zu beenden:
Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist sie zu gestalten.
Details siehe https://naechstercrash-tagung.de/dokumentation